Die Sozialkommission des Ständerates (SGK-S) fordert mehr Wahlfreiheit beim Wohnen von Menschen mit Behinderungen. In der gestrigen Kommissionssitzung hat sie mit 8 zu 2 Stimmen beantragt, die Motion 24.3003 für ein zeitgemässes Bundesgesetz über die Institutionen zur Förderung der Eingliederung von invaliden Personen (IFEG) anzunehmen. Für Inclusion Handicap ist das Anliegen der Motion von zentraler Bedeutung. Ein modernisiertes IFEG ist unerlässlich für das autonome Wohnen von Menschen mit Behinderungen.
Bund soll mehr Wahlfreiheit beim Wohnen schaffen
(Medienmitteilung von Inclusion Handicap)
Noch immer können viele Menschen mit Behinderungen in der Schweiz ihren Wohnort oder die Wohnform nicht frei wählen. Dabei ist die Niederlassungsfreiheit ein in der Bundesverfassung verbrieftes Recht, das für alle Menschen in der Schweiz gilt. Auch die UNO-Behindertenrechtskonvention sichert Menschen mit Behinderungen gleiche Wahlmöglichkeiten zu. Nachdem der Nationalrat im März 2024 mit der Annahme der Motion 24.3003 bereits beschlossen hat, eine zeitgemässe Rechtsgrundlage für das selbstbestimmte Wohnen zu schaffen, fordert nun auch die SGK-S die Revision des Rahmengesetzes IFEG. Als nächstes entscheidet der Ständerat als Zweitrat über das Geschäft.
Bund hat die erforderlichen Kompetenzen
Der Bundesrat hatte angezweifelt, ob der Bund überhaupt die Kompetenz habe, ein auf selbstbestimmtes Wohnen ausgerichtetes IFEG zu erlassen. Ein von Inclusion Handicap in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten der Universität Genf kommt jedoch klar zum Schluss, dass die Motion 24.3003 eine zeitgemässe Gesetzesgrundlage für das selbstbestimmte Wohnen ermöglicht, die sowohl die bestehende Kompetenzverteilung als auch die verfassungs- und völkerrechtlichen Pflichten von Bund und Kantonen respektiert.
Betroffene fordern mehr Selbstbestimmung
Für Inclusion Handicap ist das Anliegen der Motion zentral. Das jetzige IFEG setzt zahlreiche Fehlanreize. Viele Menschen mit Behinderungen möchten selbstbestimmt wohnen, sind jedoch mangels ambulanter Unterstützungsangebote noch immer gezwungen, in einem Heim zu leben. Zudem wird ihnen häufig verwehrt, den Wohnkanton zu wechseln. «Die geforderte Revision entspricht dem grossen Bedürfnis nach mehr Autonomie und ermöglicht, dass Menschen mit Behinderungen die Unterstützungsleistungen erhalten, die ihnen für das selbstbestimmte Wohnen zustehen», sagt Maya Graf, Co-Präsidentin von Inclusion Handicap und Ständerätin (Grüne/BL).
Klares Rahmengesetz erleichtert Arbeit der Kantone
Auch bei den Kantonen soll das selbstbestimmte Wohnen in Zukunft eine höhere Priorität erhalten: Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren (SODK) will gemäss ihrer Vision das selbstbestimmte Wohnen bis 2030 verwirklichen. Aktuell sind die kantonalen Unterschiede aber noch gross. Einige Kantone sind bereits weit fortgeschritten, bei anderen fehlt es an den notwendigen ambulanten Angeboten. Für die Kantone ist es wichtig, dass sie in ihren Bemühungen einen klaren Rahmen durch den Bund haben. Dies kann auch helfen, Hürden beim Wohnortwechsel von Menschen mit Behinderungen abzubauen.