Die Abstimmung des Nationalrats war für den 17. März 2025 vorgesehen, sie wurde aber verschoben. Das neue Datum ist noch nicht bekannt.
Stimmrecht für alle Menschen mit Behinderungen: Der Nationalrat ist am Zug
Hinweis: Abstimmung verschoben
Der Nationalrat stimmt über eine Forderung der Behindertensession ab: dass niemand aufgrund einer Behinderung vom Stimmrecht ausgeschlossen wird. Pro Infirmis fordert den Nationalrat auf, die längst überfällige Verfassungsänderung zu unterstützen.
Eine wichtige Forderung der nationalen Behindertensession vom 24. März 2023 war, dass kein Mensch aufgrund seiner Behinderung vom Wahl- und Stimmrecht ausgeschlossen sein darf. Denn dies ist in der Schweiz der Fall: Laut Art. 136 der Bundesverfassung dürfen Menschen nicht abstimmen, die "wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche entmündigt sind". Dies betrifft in der Schweiz rund 16'000 Menschen, die unter umfassender Beistandschaft stehen oder durch eine vorsorgebeauftragte Person vertreten werden.
Abstimmung im Nationalrat
Nun stimmt der Nationalrat darüber ab, den diskriminierenden Artikel in der Verfassung zu ändern. Im Oktober 2024 hat die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) eine entsprechende Motion beschlossen. Mit diesem wichtigen Schritt folgte sie der Behindertensession, sowie einem Postulatsbericht zu diesem Thema Handlungsbedarf anerkannt hatte, und den Kantonen Genf und Appenzell Innerrhoden, die der betroffenen Gruppe auf Kantonsebene bereits das Stimmrecht gewähren. Der Bundesrat empfiehlt ebenfalls die Motion anzunehmen.
Der Entzug des Stimmrechts, wie er heute praktiziert wird, ist diskriminierend und widerspricht der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Er unterteilt die Schweizer Bürgerinnen und Bürger in zwei Klassen. Und er gründet auf einem unzulässigen Mechanismus: Eine Beistandschaft wird zum Schutz von Personen gesprochen, zum Beispiel, wenn diese ihre Finanzen nicht selbst verwalten können. Die Massnahme hat nichts mit politischer Willensbildung zu tun. Es ist daher nicht zulässig, sie zur rechtlichen Grundlage für einen Stimmrechtsausschluss zu machen.
Pro Infirmis begrüsst den Schritt zum Stimmrecht für alle Menschen mit Behinderungen
Mit der Verfassungsänderung würden die Betroffenen die politischen Rechte erhalten, die ihnen zustehen. Pro Infirmis begrüsst diese Entwicklung, mit der eine zentrale Forderung der Behindertensession auf nationaler Ebene angestossen wird.
Stimmen zum Stimmrecht

Marc Jost, Nationalrat EVP
«Die heutige Regelung ist diskriminierend und widerspricht fundamental dem Grundsatz der Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger, darum setze ich mich das Stimmrecht für alle Menschen mit Behinderungen ein.»

Christian Lohr, Nationalrat Mitte
«Alle Menschen mit Behinderungen haben als Mitbürgerinnen und Mitbürger das Recht, dass ihre politische Meinung zählt.»

Martin Candinas, Nationalrat Mitte
«Eine Behinderung darf nicht zum Entzug der politischen Rechte führen. Für diese Forderung der Behindertensession setze ich mich ein, denn unsere Demokratie profitiert vom politischen Engagement von allen Bürgerinnen und Bürgern.»

Nina Schläfli, Nationalrätin SP
«Menschen mit Behinderungen wollen gleichberechtigt und selbstbestimmt am politischen Leben teilhaben. Doch unsere Verfassung schliesst gewisse Menschen aufgrund ihrer Behinderung davon aus; das darf nicht so bleiben.»

Islam Alijaj, Nationalrat SP
«Die Gesellschaft glaubt oft, sie könne einschätzen, was Menschen mit Behinderungen alles nicht können. Da hätte sie sich bei mir aber grob verschätzt. Und das gilt genauso für die 16'000 Menschen mit Behinderungen, die heute keine politischen Rechte haben. Das müssen wir ändern.»

Beat Flach, Nationalrat GLP
«Menschen mit Behinderungen müssen dieselben Möglichkeiten haben, unsere Gesellschaft mitzugestalten. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass niemand aufgrund einer Behinderung die politischen Rechte verliert.»