Fallbeispiel: «Noé hat sich uns als Familie ausgesucht – davon bin ich überzeugt»
Der vierjährige Noé leidet an einer Variante des Dravet Syndroms, einer seltenen und schweren Form von Epilepsie – hervorgerufen durch eine spontane Genmutation. Zusätzlich liegen bei ihm weitere Gendefekte vor: Weil er der einzige bekannte Fall mit diesen Mutationen ist, spricht seine Neurologin sogar vom «Noé-Syndrom». Bei Betroffenen wie Noé ist beispielweise der Muskeltonus niedrig. Auch Wahrnehmungsstörungen sowie Störungen des Nervensystems sind häufig: Es ist unklar, ob Noé jemals sprechen oder laufen wird.
«Piep, piiiiieeep, piep, piep, piep», tönt es aus der kleinen Box, die an einem Infusionsständer mit Flüssignahrung aufgehängt ist. «Noé hat fertig gegessen», sagt Mama Séline und drückt auf eine Taste an der Box. Dank der Magensonde ist Séline wenigstens eine grosse Sorge los. Doch das Essen ist nicht Noés grösstes gesundheitliches Problem. Viel schlimmer sind die epileptischen Anfälle, die ihn regelmässig heimsuchen. Dann sind auch Noés Zwillingsbruder Finn (4) und seine grössere Schwester Lenja (7) in höchster Alarmbereitschaft. Sie springen auf und drücken einen speziellen Punkt an Noés Oberlippe, der helfen soll, den Anfall zu stoppen. In schlimmen Phasen – wenn Noé zum Beispiel einen Infekt eingefangen hat – wiederholen sich die Anfälle über Tage hinweg bis zu 15 Mal täglich.
Seitdem die Paarbeziehung mit ihrem Partner vor mehr als zwei Jahren in die Brüche ging, lastet die Verantwortung für ihre drei Kinder alleine auf Sélines zierlichen Schultern. Die Pro Infirmis-Sozialberaterin Sabrina S. unterstützte Séline nicht nur bei der Beantragung der Hilflosenentschädigung für Noé. Sie organisierte auch die Kinder-Spitex, einen Platz im Kinderheim Therapaion für 40 Tage im Jahr sowie seit kurzem den Entlastungsdienst. Für Séline ist etwas anderes aber ebenso wichtig: «Bei Pro Infirmis fühle ich mich verstanden, ich kann meine Sorgen loswerden und Sabrina hat immer ein offenes Ohr und einen guten Rat für mich», erzählt sie.
«Noé gibt mir so viel zurück – auch ohne Worte.»