Der Nationalrat hat sich im Differenzbereinigungsverfahren der EL-Reform in zwei Punkten unnachgiebig gezeigt: Kinder von EL-Beziehenden und sparsame Personen sollen weiterhin bestraft werden. Erfreulicherweise anerkannte die grosse Kammer, dass die hohen Mieten ein grosses Armutsrisiko für viele EL-Beziehende – und somit viele Menschen mit Behinderungen – sind.
Weitere Nachbesserungen nötig – Armutsrisiko Mieten erkannt
Bei zwei wichtigen Punkten bleibt der Nationalrat im Rahmen der Differenzbereinigung hart. Stossend ist, dass Familien und sparsame Personen das Nachsehen haben. Zwar ist die Version des Ständerates ausgewogener, aber auch sie sieht bereits Einsparungen von rund 300 Millionen Franken vor.
- Kinder in der Armutsfalle: Die Beiträge sollen in sehr empfindlicher Höhe gekürzt werden. Der Nationalrat befeuert somit die Kinderarmut.
- Guillotine bei Pensionskassenguthaben: Wer sich dieses auszahlen lässt, dem sollen die EL durchs Band weg um 10 Prozent gekürzt werden – auch wenn die betroffene Person noch so sparsam lebt. Das bedeutet: Wer z.B. mit 35 ein Unternehmen gründet, und sich dafür das Pensionskassenguthaben auszahlen lässt, hat bis ans Lebensende 10 Prozent tiefere EL, falls er oder sie im Invaliditätsfall oder im Alter darauf angewiesen sein sollte. Dies ist eine unnötige Lösung, denn beide Räte haben bereits eine Bestimmung beschlossen, die einem verschwenderischen Lebensstil vorbeugt (verbrauchtes Kapital als Vermögensverzicht).
Mieten werden realen Verhältnissen angepasst
Der Nationalrat hat hingegen bei den «anrechenbaren Mietzinsmaxima» erfreulicherweise auf den Kurs des Ständerats eingelenkt. Denn die ständig steigenden Mieten sind für viele EL-Beziehende zu einem existenziellen Problem geworden. Besonders stark betroffen sind Menschen mit Behinderungen: Fast die Hälfte der IV-Rentner und –Rentnerinnen sind auf EL angewiesen.
Da die «anrechenbaren Mietzinsmaxima» seit 2001 nie mehr angepasst worden waren, die Mieten jedoch seither um über 20 Prozent gestiegen sind, ist die Wohnung zu einem Armutsrisiko geworden. Es ist erfreulich, dass der Nationalrat dieses Problem im zweiten Anlauf anerkannt hat und wie der Ständerat eine Anpassung beschloss.
Inclusion Handicap - wo Pro Infirmis im Vorstand vertreten ist - begrüsst ausserdem, dass der Nationalrat wie der Ständerat nun das Einkommen des Ehegatten zu 80 Prozent anrechnen will. Mit diesem Beschluss verbleibt weiterhin ein kleiner Erwerbsanreiz für den Ehegatten.
Auch Existenz der Familien muss gesichert sein
Das Geschäft geht nun wieder in den Ständerat. Inclusion Handicap - unser politischer Dachverband und Interessenvertreter - wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die kleine Kammer bei der ausgewogenen Reform bleibt, und dass der Nationalrat bei den heiklen Punkten einlenkt. Denn die EL sollen insbesondere auch für Familien die Existenz sichern. Mit der Anpassung der Mietzinsmaxima ist zwar ein erster Schritt dazu gemacht, weitere Nachbesserungen sind aber nötig.