Für Menschen mit Behinderung ist der autonome Zugang zum ÖV absolut zentral. Mit den neuen Doppelstockzügen (FV-Dosto) der SBB ist die selbstständige Nutzung für viele Passagiere mit Behinderungen aber nicht möglich. Deswegen hat unser politischer Dachverband Inclusion Handicap, in dem Pro Infirmis im Vorstand vertreten ist, beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) Beschwerde gegen die befristete Betriebsbewilligung des neuen Doppelstockzuges (FV-Dosto) der SBB eingereicht.
Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf einen hindernisfreien ÖV
Das BVGer hat diese Beschwerde Ende November 2018 jedoch fast vollumfänglich abgewiesen. Weil die neuen neuen Doppelstockzüge die selbstständige Nutzung für viele Passagiere mit Behinderungen aber nicht gewährleisten, zieht Inclusion Handicap die Beschwerde nun ans Bundesgericht weiter. Wir hoffen, dass das Bundesgericht das Urteil der Vorinstanz korrigiert. Denn sollte die Haltung des BVGer Norm werden, wäre dies ein herber Rückschlag für die Hindernisfreiheit über den öffentlichen Verkehr hinaus bei baulichen Massnahmen generell.
Pro Infirmis setzt sich dafür ein, dass Menschen mit Behinderung sämtliche öffentliche Verkehrsmittel autonom benutzen können. Die neuen Doppelstockzüge (FV-Dosto) der SBB verletzen das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG): Dieses verlangt, dass der ÖV für Menschen mit Behinderungen hindernisfrei zugänglich ist, die Frist zur Umsetzung dieses Gesetzes läuft bis 2023. Der Dosto-Doppelstöcker wird jedoch um Jahrzehnte länger bis etwa im Jahr 2060 rollen. Alleine die Rampe im Ein- und Ausstiegsbereich ist mit einer Steigung von 15 Prozent so steil, dass viele Reisende im Rollstuhl nicht selbstständig ein- und aussteigen können. Somit wird die autonome Nutzung des ÖV, wie sie vom Gesetz verlangt wird, über das Jahr 2023 hinaus in Frage gestellt und widerspricht dem BehiG sowie dem verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbot.
Menschen mit Behinderung werden mit diesem Urteil gleich doppelt diskriminiert: Einerseits mit dem Entscheid an sich, andererseits mit der exorbitant hohen Parteientschädigung von 250'000 Franken. Mit solch hohen Beträgen wird das Verbandsbeschwerderecht zur Farce, denn kaum eine Organisation kann sich derartige Verfahren leisten. Damit wird die Absicht des Gesetzgebers, dass Interessenverbände die Umsetzung des Gesetzes überwachen und im Einzelfall mit einer Beschwerde korrigierend eingreifen können, faktisch torpediert. Inclusion Handicap wird deshalb auch die Parteientschädigung vor Bundesgericht anfechten.
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