Die Sozialberatung von Pro Infirmis unterstützt Menschen mit Behinderungen in der Schweiz dabei, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Der Bund finanziert diese Dienstleistung mit. Die Mittel dafür sind jedoch trotz gestiegener Nachfrage seit über 10 Jahren nicht angepasst worden. Dank Unterstützung der Kantone und aus eigenen Reserven konnte Pro Infirmis die steigende Nachfrage lange decken. Nun muss Pro Infirmis die Sozialberatung abbauen.
Pro Infirmis muss Sozialberatung einschränken
Mit der Sozialberatung leistet Pro Infirmis einen Beitrag zur inklusiven Gesellschaft und der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Die Dienstleistung wird, gestützt auf das Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG), auch durch das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) mitfinanziert.
Steigende Nachfrage bei gleichbleibenden Mitteln
Im Jahr 2023 hatte Pro Infirmis 36'700 Klient*innen in der Sozialberatung. Gegenüber 2013 ist diese Zahl damit in 10 Jahren um ca. 30% gestiegen. Die Gründe für den Anstieg sind vielseitig: Neben dem Bevölkerungswachstum verzeichnete Pro Infirmis im Zuge der Corona-Pandemie insbesondere einen Anstieg an Klient*innen mit psychischen Behinderungen. Dieser betrug 66% über die letzten fünf Jahre. Gleichzeitig sind die Beiträge des Bundes seit über 10 Jahren unverändert.
Um keine Menschen mit Behinderungen im Stich zu lassen, hat Pro Infirmis in den letzten Jahrzehnten darum kontinuierlich mehr Menschen beraten, als es die Vereinbarung mit dem Bund vorsieht oder finanziert. Dies war möglich, weil einerseits viele Kantone finanzielle Mittel beigesteuert haben. Andererseits hat Pro Infirmis die Lücke durch Spendeneinnahmen und Reserven geschlossen. Die Folge ist ein strukturelles Betriebsdefizit.
Abbau der Beratungsstunden notwendig
Das bedeutet, dass die finanziellen Reserven von Pro Infirmis allmählich aufgebraucht sind. Daher muss erstmals in der Geschichte der Organisation ein Abbau in der Sozialberatung vorgenommen werden. Insgesamt ist schweizweit ein Abbau von 12'000 Stunden Sozialberatung vorgesehen, was einer Reduktion von knapp 4% der jährlich rund 300’000 geleisteten Sozialberatungsstunden entspricht.
Pro Infirmis appelliert an den Bund, die steigende Nachfrage zu berücksichtigen. Gleichzeitig unternimmt die Organisation alle Anstrengungen, um die Beratung von Klient*innen mittels Sparmassnahmen und Fokussierungen weiterhin zu priorisieren: «Unser oberstes Ziel ist es, mit unseren Dienstleistungen möglichst viele Menschen mit Behinderungen zu unterstützen. Dafür lassen wir nichts unversucht.», führt Direktorin Felicitas Huggenberger aus.